Down to Earth – Zurück zum Boden der Tatsachen!

Im Gropius Bau gab es bis gestern (13. September) eine Ausstellung mit dem Titel „Down to Earth“. In den Medien fand sie nur ein verhaltenes Echo. Die Gründe dafür sind eine andere Geschichte.

Entscheidend ist, dass dies eine Ausstellung mit einer zukunftsorientierten Auswahl von zeitgenössischen Kunstwerken war, und wieder ein recht gelungener Versuch bildende Kunst mit Musik und Sprachvorführungen zu vereinen. Noch wichtiger für mich war, dass der Kreis der ausgestellten Künstler international war, wenn auch viele wohl hier in Berlin leben und arbeiten. Aber sie kamen aus Europa, Afrika, Asien, den arabischen Ländern und Lateinamerika – der Kreis umspann somit die Mehrheit der auf dieser Erde lebenden Menschen.

Ebenso wichtig war das Thema, dem diese Kunstwerke gewidmet waren: unserer Erde und ihren natürlichen Ressourcen das Recht und den Respekt zu geben, den sie verdienen. Im jetzigen Erdzeitalter sind die Menschen zur bestimmenden Kraft geworden, und können die Erde pflegen und hegen, oder gänzlich zerstören. Dies ist in der Tat das zentrale politische, soziale, wirtschaftliche und philosophische Thema unserer Zeit. Klimawandel hat natürliche Ursachen, aber auch menschengemachte. Durch unsere politischen, sozialen und wirtschaftlichen Entscheidungen können wir den Klimawandel verstärken oder abmildern. Im Moment sieht es eher nach verstärken aus, aber…….

Quo vadis, Menschen dieser Erde?

Es ist gibt einen immer größeren Chor von Sozial- und Geisteswissenschaftlern, zivilen Organisationen und politischen Parteien, die sich auf die abzeichnende Zerstörung der Erde und ihrer natürlichen Kreisläufe konzentrieren. Diese Diskussion geht weit über Fragen des Umweltschutzes hinaus. Sie stellt in den Mittelpunkt, dass wir einen Perspektivwechsel vornehmen müssen, um eine wahrhaftige Sicht zu gewinnen auf die Lage unseres Planeten und die Einwirkung menschlicher Aktivitäten auf die Natur. Wir müssen Tatsachen ins Auge sehen.

Den Perspektivwechsel, den diese Wissenschaftler und andere verfolgen, definiert die Erde als eine souveräne Größe. Die größer ist als die Summe der verschiedenen menschlichen Gesellschaften und der Nationalstaaten, in denen wir leben. Bei allen gesellschaftlichen und politischen Verschiedenheiten stellen sich aus dieser Perspektive die gleichen Herausforderungen. Klimawandel betrifft uns alle, wenn auch unterschiedlich stark. In einigen Fällen zerstört er durch Fluten und Waldbrände Hab und Gut, in anderen die ganze Existenz. Ein Virus befällt uns potentiell alle, aber in einigen Ländern habe ich eine höhere Überlebenschance als in anderen. Soziale Distanz zu wahren ist einfacher, wenn ich eine zweite Bleibe auf dem Land habe, als wenn ich mich als Teil einer Familie in einer 2-Zimmerwohnung aufhalten muss.

Ich glaube, diese Beispiele verdeutlichen, mit diesem Perspektivwechsel wird Politik wieder spannend. Es geht nicht darum, das zu wahren, was wir erreicht haben, es geht nicht darum, so weiterzumachen wie bisher und im Glauben, nach mir die Sintflut, es geht nicht darum, Tatsachen zu leugnen oder durch Lügen zu verschleiern, sondern es geht darum, bei allen Unterschieden, immer wieder das Gemeinsame zu finden und zu schützen. Mit anderen Worten, es geht darum bei aller individueller Freiheit das Allgemeinwohl nicht aus dem Blick zu verlieren.

Individuelle Freiheit vs. Allgemeinwohl

Häufig werden diese beiden Wertvorstellungen als Gegensätze verstanden. Aber sind sie dies wirklich? Aus meiner Sicht sind sie am entgegengesetzten Ende eines Kontinuums und in konkreten Fällen muss durch die politischen Auseinandersetzungen, vorzugsweise in Verhandlungen, die goldene Mitte zwischen diesen beiden Extremen gefunden werden. Winner takes all, der Stärkere gewinnt, Provokation und Gewalt gehören dann nicht mehr zum legitimen politischen Geschehen und dem politischen Handwerkszeug. Können wir dies meistern? Im Moment zieht es nicht danach aus, aber……

Auf in den Kampf!

Rationale Einsicht und Augenmaß setzen sich im politischen Geschehen nur durch, wenn man dafür kämpft, mit friedlichen Mitteln. Außerdem braucht es eine Langzeitperspektive und ein politisches Ziel, das weit über das alltägliche Geschehen hinaus reicht. Willy Brandts Ostpolitik ist dafür ein gutes Beispiel. Aber im Vergleich dazu, sind das Ziel und die Zeitperspektive für die heutigen Probleme ungleich komplexer. Denn wir müssen jenseits vom Nationalstaat handeln, global und national agieren, individuelle Beteiligung mobilisieren, aber Egoismus im Zaum halten, soziale und kulturelle Ungleichheiten aushalten, dem Staat das alleinige Gewaltmonopol geben, aber ihn gleichzeitig ständig überprüfen, um Machtmissbrauch zu verhindern. Dies alles müssen wir durch messbare Erfolge erreichen oder Misserfolge und Fehler eingestehen, um sie zu korrigieren.

Wie gesagt, mit der sich entwickelnden Perspektive einer Welt, die unser aller Habitat ist, wird Politik wieder spannend, und wir werden Politiker daran messen können, ob sie dieser Perspektive gerecht werden. Wir können auch unseren eigenen Lebensstil bewusst wählen, um dieser Perspektive und das Ziel einer menschenwürdigen Zukunft eine Chance zu geben. Wir können aus dem neoliberalen Zeitalter mitnehmen, dass wir alle individuelle Verantwortung tragen, die wir unterschiedlich wahrnehmen können. Nur die gemeinsame Richtung muss die selbe sein. Nicht der Weg ist entscheidend, sondern das Ziel. Wobei selbstverständlich, der Zweck nicht jedes Mittel heiligt.

Autor: Kerstin Leitner

siehe Webseite

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